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Amtliches Mitteilungsblatt der Stadt Belgern-Schildau
Landkreis Nordsachsen, Freistaat Sachsen
mit den Ortsteilen: Belgern, Schildau, Ammelgoßwitz, Bockwitz, Döbeltitz, Dröschkau, Kaisa, Kobershain, Lausa, Liebersee,
Mahitzschen, Neußen, Oelzschau, Plotha, Probsthain, Puschwitz, Seydewitz, Sitzenroda, Staritz, Taura, Treblitzsch und WohlauAMTSBLATT
Ausgabe 2023/11
Mittwoch, 25.10.2023


In der Sankt-Bartholomäus-Kirche in Belgern steht eine der wenigen, noch mit viel Originalsubstanz erhaltenen Johann-Gottlob-Mende-Or-
geln. 2024 wird sie 180 Jahre alt. Unserer Orgel wird ein außergewöhnlicher Klang bescheinigt, der auf einer fein abgestimmten Disposition aufbaut. Zu hören ist das allerdings immer seltener, weil das Bespielen der Orgel vom Wissen abhängig ist, welche Töne bzw. Register noch einen Laut von sich geben. Abhilfe schafft hier nur eine umfassende, originalgetreue Sanierung. Diese würde ca. 200.000 Euro kosten. Der Förderverein hat entsprechende Förder- bzw. Stiftungsmittel beantragt. Nachgewiesen werden müssen in jedem Fall erhebliche Eigenmittel. Diese Mittel möchte der Förderverein mit einer Spendenaktion einwerben. Auf www.mende-orgel-belgern.de wird die Orgel vorgestellt und die Spendenaktion beschrieben. Diese umfasst die herkömmlichen Spenden mit verschiedenen orgelbezogenen Spendenboxen, ein Crowdfunding-Projekt sowie die Übernahme von Orgelpfeifen-Patenschaften. Dazu kann auf der Webseite jeder einzelne Ton der Orgel angehört werden und ermutigt damit hoffentlich zu einer Orgelpfeifen-Patenschaft.

Am 5. November 2023 um 15:30 Uhr wird in der Kirche die Spendenaktion mit MdB Frau Schenderlein, Bürgermeister Gläser und Pfarrer Neuwirt
eröffnet. Ab 15 Uhr ist die Kirche geöffnet und lädt zu Gesprächen bei Kaffee und Kuchen ein.

Wer sich unabhängig davon informieren will, ist herzlich für den 12. oder 25. November 2023 um 15 Uhr zu einer Führung durch die Kirche und durch die Orgel (im Wortsinne) eingeladen. Damit wir weiterhin aktiv die Maßnahmen der Kirchen- und Klosterhofinstandhaltung unterstützen können, bitten wir Sie um Ihre Hilfe durch Spenden und die regelmäßige Überweisung der Mitgliedsbeiträge.

Spendenkonto:
DE36 8605 5592 2210 0443 60.
Vorstand des Fördervereins
www.kirche-belgern.de
Dr. Ulf Müller

Das Projekt Orgelsanierung

Klappe, die zweite: Ja, Fördermittel in ausreichendem Umfang beantragen, danach eine Firma beauftragen und die Orgel ist wieder ganz. Sozusagen fast unbemerkt. Das kann man so machen, aber man ist nicht verpflichtet dazu. Es fühlt sich auch nicht richtig schön an. Der Gegenpol: Alle geben einen kleinen Beitrag für die Sanierung. „Alle“ ist dabei sicher eine Illusion, aber es ist eine schöne Vorstellung, wenn sich eine Kirchgemeinde zusammen mit den Bürgern der Stadt für das Gemeingut „Orgel“ einsetzt. Und nicht nur das, am Ende der Sanierung den Klang der Orgel auch gemeinsam erlebt. Orgelmusik ist ja nicht nur Kirchenmusik, wie das letzte Orgelkonzert gezeigt hat. Da ging es von der Swingmusik über Bach zur Jazz-Toccata. (P.S. Ich musste die Noten für Frau Bräutigam, der Organistin, umdrehen und hatte Mühe zu folgen, so schnell war das Spielen).
Die Orgelsanierung wird ca. 210.000 Euro kosten. Fördermittelanträge beim Bund und beim Land Sachsen sind eingereicht. Es folgen noch Anträge bei verschiedenen Stiftungen. Der Umfang der Bauarbeiten wird dabei davon abhängig sein, in welchem Maße gefördert wird. Aber was passiert, wenn wieder keine Fördermittel überwiesen werden? Ist es möglich, den vorhandenen Betrag des „Fördervereins St. Bartholomäus-Kirche Belgern e. V.“ so aufzustocken, dass die Kernsanierung durchgeführt werden kann?

Meines Erachtens ja, wenn möglichst viele einen kleinen Beitrag leisten. Damit das möglich ist, wird es drei Spendenmöglichkeiten geben. Neben einer speziell für die Orgelsanierung in der Kirche aufgestellten Spendenbox werden zwei Spendenkampagnen gestartet. Zum einen ein Crowdfunding und zum anderen eine Orgelpfeifenpatenschaft. Das Crowdfunding ist eher überregional orientiert. Das damit verbundene Dankeschön wird unsere Mende-Orgel mit der Swing-Musik zusammenführen.

Die Orgel besitzt 24 Register mit 1434 Orgelpfeifen. Für jede kann eine Patenschaft in Form einer Spende übernommen werden. Jeder Pate, jede Patin oder Patengemeinschaft bekommt eine Urkunde und nach der Sanierung ein Zertifikat mit einem Foto der Pfeife und dem bildlichen Ton vor und nach der Sanierung. Die genauen Einzelheiten können auf der Webseite https://www.mende-orgel-belgern.de nachgelesen werden.

Wenn ich gefragt werde, ob das gelingen kann, dann bin ich voller Zuversicht. Die Orgel hat seit 1844 ununterbrochen für die Menschen gespielt – bei Gottesdiensten, Konzerten, Trauungen, beim Begräbnis der Gefallenen und Gestorbenen – unabhängig von der Konfession. Ich bin überzeugt, die Menschen werden sich ihrer annehmen.

Die Mende-Orgel in Belgern

Meinem ersten Kontakt mit der Orgel ging eine beiläufige Bemerkung des Pfarrers voraus: „Du kannst Klavier spielen? Dann setz Dich doch einfach an die Orgel – der Schlüssel liegt immer dort“. Er öffnete die Manuale, zog alle Register und spielte kurz vor. Ich war skeptisch – die Orgel, die Königin der Instrumente, da setze ich mich nicht einfach dran und spiele.  Tage später habe ich mir  den Kirchenschlüssel geholt. Den Moment des ersten Akkordes werde ich nie vergessen: Allein in der Kirche, totale Stille und dann diese kraftvollen Töne…  Setzen Sie sich allein in der Kirche an die Orgel und spielen Sie ein paar Töne – es wird Sie emotional bewegen, versprochen.

Mein zweiter Kontakt mit der Orgel war mit Noten. Es ist eine Lust zu spielen. Ich war erstaunt, dass selbst bei Trillern die Pfeifen sofort  reagieren. Noch etwas hat mich erstaunt: selbst einfachste Lieder klingen auf der Orgel bedeutsam. Beim Probieren fielen dann aber auch schon die Schäden auf. Einige Register gehen gar nicht, Töne fehlen oder knarzen, manchmal klingt es schräg, die Pedale klappern laut wie Percussions und Windgeräusche sind ständiger Begleiter.

Mein dritter Konktakt mit der Orgel vollzog sich auf dem Papier – Gutachten zur Sanierung der Orgel, Anträge, Ablehnungen. Mit welchem Wissen und Fürsorge die Orgelbauer die Orgel beschrieben haben, hat mich beeindruckt. Es muss noch viel Originalsubstanz vorhanden sein. Auch ist die Orgel eine der wenigen Mende-Orgeln, die in dieser Konstellation bespielbar sind. Es war aber auch von Holzwurmbefall die Rede, von für den Krieg eingeschmolzene Pfeifen, von komplett fehlenden Registern, von Restaurationen, die nicht mit den Originalen harmonieren bis hin zu Verstimmungen und Verschmutzungen.

Mein vierter Kontakt mit der Orgel war in der Orgel selbst. Das ist alles(!) noch mechanisch. Alle Pfeifen werden über Züge und Hebel angesteuert. Selbst der Blasebalg kann über Treten bedient werden. Schauen Sie mal auf https://www.mende-orgel-belgern.de da können Sie sich selbst ein Bild machen.

Wenn ich jetzt die Orgel spiele, ist ein Stück Wehmut mit dabei. Ich wünsche der Orgel, dass sich Menschen finden, die sich ihrer annehmen und eine Restaurierung in welcher Form auch immer unterstützen.

Ulf Müller